Schmallippige Stendelwurz Epipactis leptochila Orchideen in der Rhön und Mainfranken

Die Schmallippige Stendelwurz ist an ihrem länglich herzförmigen, zugespitzten Epichil gut zu erkennen. Im Gegensatz zu den anderen Stendelwurz-Arten bevorzugt sie sehr schattige, nordseitige Standorte und Wälder mit altem Baumbestand.

Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist sie die seltenste Art ihrer Gattung in der Rhön. Sie ist zerstreut in der thüringischen Rhön zu finden, selten auch in der Kuppenrhön und im Bergwinkel sowie stellenweise auch im fränkischen Gebietsteil.

Die Schmallippige Stendelwurz

Die Verbreitung dieser Art war lange unklar. Obwohl inzwischen konkrete Kartierungsdaten vorliegen, ist das Verbreitungsbild der Schmallippigen Stendelwurz in der Rhön immer noch etwas verschwommen, da offenbar die eine oder andere Fehlbestimmung in die einschlägigen Kartierungen hineingerutscht ist. In der Rhön ist diese Art weniger durch konkrete Bedrohungen als vielmehr durch ihre relative Seltenheit gefährdet.

Die Schmallippige Stendelwurz gilt als obligat autogam; jedoch werden gelegentlich Blüten mit einem Viscidium gefunden, das allerdings in der offenen Blüte sehr schnell austrocknet. Gelegentlich sind kleistogame Formen zu beobachten, deren Blüten sich kaum oder gar nicht öffnen.


Die Varietät ‚altensteiniana‘ im Nüsttal, 12.07.2009

Auch die var. altensteiniana mit komplett olivgrüner Lippe und welligen Petalen ist in der Rhön heimisch, sogar in teilweise großen Beständen. Diese Sippe, für die auch der Unterartrang gut begründbar wäre, gilt als endemisch in Osthessen und Westthüringen. Deren Blüten öffnen sich oftmals nicht ganz, weil die Spitzen der Sepalen verhakt sind. Allerdings ist dieses Phänomen nicht regelmäßig zu beobachten, sondern tritt eher witterungsabhängig auf.

Begünstigt durch die Autogamie, können regionale oder gar lokale Sippen ihre eigene Prägung und ihr eigenes Genom entwickeln. Solche Populationen sind seit längerem aus der Nordrhön bekannt, beispielsweise vom Dreienberg. Deren Blüten erinnern in einigen Merkmalen an die sehr viel früher blühende Übersehene Stendelwurz. Eventuell gibt es auch noch weitere bemerkenswerte Lokalsippen im Gebiet der Rhön.


Blüten der typischen Form bei Meiningen, 17.07.2006


Blüten der Varietät ‚altensteiniana‘ im Nüsttal, 12.07.2009

Nomenklatur

Wissenschaftlicher Name:
Epipactis leptochila (Godfery) Godfery 1921

Deutsche Namen:
Schmal- oder Spitzlippige Stendelwurz, Schmal- oder Spitzlippiger Sitter

Kurzbeschreibung

Stattliche Pflanze, Wuchshöhe 30-70 cm, mit leicht behaartem Stängel. Rhizom horizontal, mit zahlreichen dicken Wurzeln. 3 bis 8 zweizeilig angeordnete Blätter, eiförmig bis lanzettlich, am Stängel verteilt und oft stark rinnig. Blütenstand aufgelockert, 8- bis 40-blütig. Tragblätter relativ groß. Blütengröße 12-18 mm. Blüten abstehend oder hängend, relativ groß, blassgrün. Lippe zweiteilig; Hypochil halbkugelig, innen dunkelrot, glänzend, mit V-förmiger Öffnung. Epichil rötlich, deutlich länger als breit, spitz vorgestreckt. Anthere gestielt. Autogame Art, Rostelldrüse nicht funktionsfähig.
Blütezeit in der Rhön und in Mainfranken: Juli.

Vorkommen und Standort

In der Rhön zerstreut in den Kalkgebieten, vor allem in der thüringischen Rhön.
Standorte: Schattige Laubwälder, vor allem an Nordhängen. Auf mäßig trockenen bis mäßig feuchten, kalkreichen Böden.
Höhenverbreitung in der Rhön: ca. 200 m bis 600 m.
Gesamtverbreitung: Europa; Südengland bis Adria, Nordspanien bis Dänemark, Vorposten bis zum Kaukasus.

Mehr zu dieser Art

» flickr.com | Epipactis leptochila – alle Fotos von M. Klüber
» de.wikipedia.org | Schmallippige Stendelwurz
» AHO-Bayern e.V. | Epipactis leptochila

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