Affen-Knabenkraut Orchis simia Orchideen in der Rhön und Mainfranken

Affen-Knabenkraut in Unterfranken? Die Klimaentwicklung macht es möglich! Noch vor wenigen Jahren galten die wärmsten Regionen im Südwesten – Kaiserstuhl und Moselgebiet – als einzige Vorposten dieser Art in Deutschland. Diese Orchidee breitete sich anscheinend nicht so rasant aus wie Bocks-Riemenzunge und Co. Doch dann wurden auch vom Affen-Knabenkraut diverse Neufunde im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg bekannt. In 2014 gelangen die ersten Nachweise in Bayern.

Die Frage, inwieweit dieses Vorrücken natürlich ist oder ob Orchideenfreunde nachgeholfen haben, kann nicht pauschal beantwortet werden. Jedenfalls besteht die unterfränkische Population bereits aus einem kleinen Bestand von etwa 20 bis 30 Pflanzen.

Das Affen-Knabenkraut

Der Name dieser recht kleinen, aber sehr hübschen Orchidee nimmt Bezug auf die Blütenform. Als ob sich eine Horde winziger Äffchen auf dem Stiel tummelt! Der Strenge des Soldaten bei Orchis militaris und der Nacktheit des Hängenden Menschen bei Orchis anthropophora steht hier die Verspieltheit der kleinen Affenbande gegenüber. Eine Besonderheit dieser Art ist, dass sich der Blütenstand von oben öffnet. Anfangs ragen nur die Ärmchen und Beinchen der Affen wie lila Spaghetti aus dem Knospenstand, doch bald ist die gesamte Blütenkugel geöffnet.


Affen-Knabenkraut am Maindreieck, 27.04.2020

Als Art mediterranen Ursprungs fühlt sich das Affen-Knabenkraut bei uns nur in warmen, geschützten Lagen wohl. Es liebt Halbschatten und kommt gelegentlich auch in etwas fetteren (jedoch nicht eutrophierten!) Wiesen vor als die anderen Orchis-Arten. Nicht selten wird es von Hahnenfuß und Knoblauchsrauke begleitet. In Bayern wurde die Art bisher nachgewiesen in Mainfranken, in der Fränkischen Alb sowie im Altmühltal.

Nomenklatur

Wissenschaftlicher Name:
Orchis simia Lam. 1779

Deutsche Namen:
Affen-Knabenkraut, Affenorchis


Affen-Knabenkraut am Maindreieck, 27.04.2020

Kurzbeschreibung

Eher kleine, aber doch kräftige Pflanze, Wuchshöhe 15-30 cm. Runde Knolle, jährlich eine Tochterknolle bildend, zur Blütezeit daher mit zwei Knollen. 2 bis 5 frischgrüne Rosettenblätter, 1 bis 2 scheidige Stängelblätter. Blütenstand meist kugelig bis eiförmig, gelegentlich auch kürzer oder länger, etwa 10- bis 30-blütig. Die Blüten öffnen sich – einmalig unter den mitteleuropäischen Orchideenarten – von oben nach unten. Tragblätter klein, häutig. Blütengröße 15-20 mm. Sepalen und Petalen bilden einen geschlossenen weißlichen Helm, bei dem sich meist nur die Spitzen etwas öffnen. Die Lippe ist tief dreilappig, wobei der Mittellappen nochmals gespalten ist und ein Zähnchen zwischen beiden Zipfeln trägt. Die Lappen sind intensiv gefärbt, lang, fadenförmig, fast kreisrund im Querschnitt (»lila Spaghetti«). Das Lippenzentrum ist mit dunkelroten Papillenbüscheln besetzt. Sporn stumpf, abwärts gerichtet, nektarlos. Bestäubung durch Bienen und Hummeln.
Blütezeit in Mainfranken: Mitte-Ende April bis Mitte Mai.


links: Blüten des Affen-Knabenkrautes im Vercors/Frankreich, 16.05.2004 – rechts: Affen-Knabenkraut am Maindreieck, 17.04.2020, der Blütenstand öffnet von oben, Foto: Florian Braun

Vorkommen und Standort

Neu in Mainfranken, bisher extrem selten, nur in den wärmsten Lagen.
Standorte: Gehölzreiche oder offene Wiesen, Halbtrockenrasen, Säume, ehemalige Weinberge. Auf trockenen bis mäßig frischen kalkreichen Böden.
Höhenverbreitung in Mainfranken: zwischen 200 m und 300 m.
Gesamtverbreitung: Mittelmeerraum und Südwesteuropa, nordwärts bis Süd-England und Südwest-Deuschland ausstrahlend.

Hybriden

Das Affen-Knabenkraut kann Hybriden mit den nah verwandten Arten Helm-, Purpur-Knabenkraut und Ohnsporn bilden. In Mainfranken wurden sie noch nicht nachgewiesen.


Affen-Knabenkraut am Maindreieck, 17.04.2020

Mehr zu dieser Art

» flickr.com | Orchis simia – alle Fotos von M. Klüber
» de.wikipedia.org | Affen-Knabenkraut
» AHO-Bayern e.V. | Orchis simia

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