Die beiden in Deutschland heimischen Waldhyazinthen sind regional unterschiedlich häufig. So ist beispielsweise im Alpenvorland Platanthera bifolia die weitaus häufigere Art; in den Mittelgebirgen ist es meist andersherum – so auch in der Rhön. Für die Grünliche Waldhyazinthe ist auch der Name Berg-Waldhyazinthe, Platanthera montana, in Gebrauch. Nach Ansicht mancher Autoren hat er Vorrang.
Zur Charakterisierung und Unterscheidung beider Arten wollen die zahlreichen wissenschaftlichen und deutschen Begrifflichkeiten irgendwie alle nicht so recht taugen. Für die sichere Unterscheidung der habituell sehr ähnlichen Arten genügt aber schon ein Blick in die Blüten: bei dieser Art stehen die Staubbeutelfächer schräg auseinander und geben den Blick auf den Sporneingang frei.
Die Grünliche Waldhyazinthe
Das genaue Hinsehen lohnt sich, weil beide Arten gelegentlich gemeinsam vorkommen, beispielsweise auf Bergwiesen in der Kuppenrhön und am Rande der Hohen Rhön. Hier überlagern sich auch die Blütezeiten, was in Tallagen nicht der Fall ist: dort blüht die Grünliche Waldhyazinthe deutlich früher als die Weiße.
Überhaupt verhält sich diese Art im Tal anders als im Bergland. In tieferen Lagen ist sie überwiegend in den Kalkgebieten anzutreffen und kommt vor allem in lichten Kiefernwäldern, Buchenwäldern, aber auch an Säumen und auf Halbtrockenrasen vor, wobei sie Südlagen bevorzugt. Hier blüht sie ab Mitte Mai bis Anfang Juni. In höheren Lagen dagegen wächst sie gern auf Bergwiesen über Basalt, meidet Waldstandorte und blüht frühestens Mitte Juni, wenn die Pflanzen anderswo bereits mit der Fruchtreife beginnen. Die reichsten Bestände bildet sie zum einen in den trockenen Kiefernwäldern der südlichen und östlichen Randgebiete aus, zum anderen auf den artenreicheren Borstgrasrasen der Hohen Rhön. In den Buntsandsteingegenden der südlichen, nordwestlichen und nordöstlichen Rhön fehlt die Art. Solange ihre Lebensräume gepflegt werden, ist sie kaum gefährdet.
Bestandsrückgänge sind bei dieser Art bislang nicht ausgeprägt, obwohl ihre Standorte grundsätzlich schon durch Sukzession gefährdet sind. In den Dämmerungsstunden duften die langspornigen, nektartragenden Blüten der Grünlichen Waldhyazinthe etwas. Damit werden Nachtfalter zur Bestäubung angelockt.
Grünliche Waldhyazinthe am Südrand der Rhön, 22.05.2005
Nomenklatur
Wissenschaftlicher Name:
Platanthera chlorantha (Custer) Rchb. 1829
Gebräuchliche Synonyme:
Platanthera montana (F.W.Schmidt) Rchb.f. in H.G.L.Reichenbach 1851
Deutsche Namem:
Grünliche Waldhyazinthe, Berg-Waldhyazinthe, Grünliche oder Berg-Kuckucksblume, Grünliches oder Berg-Breitkölbchen
Kurzbeschreibung
Stattliche Pflanze, Wuchshöhe 15-60 cm. Längliche Knolle, jährlich eine Tochterknolle bildend, zur Blütezeit daher mit zwei Knollen. 2 (selten 3) große, dunkelgrüne oval-elliptische, meist gegenständige Grundblätter. Stängel mit 1-4 kleinen Blättchen. Blütenstand zylindrisch, bis etwa 30-blütig. Tragblätter etwas länger als die Blüten. Blütengröße 14-20 mm. Schwach duftende grünlich-weiße Blüten. Seitliche Sepalen spreizend, mittleres über den kleineren Petalen stehend. Lippe zungenförmig, abwärts oder rückwärts gebogen. Staubbeutelfächer schräg stehend, nach unten auseinandergehend. Sporn sehr lang, zum Ende hin flachgedrückt. Bestäubung durch Nachtfalter, besonders Eulen und Spanner.
Blütezeit in der Rhön und in Mainfranken: In Tallagen Mitte Mai bis Mitte Juni, in Berglagen Mitte Juni bis Mitte Juli.
Vorkommen und Standort
In der Rhön allgemein verbreitet, in den Kalkgebieten relativ häufig.
Standorte: Kalk-Buchenwälder, lichte Laub- und Nadelwälder, Halbtrockenrasen, Bergwiesen. Auf frischen bis mäßig trockenen Böden, häufiger auf Kalk.
Höhenverbreitung in der Rhön: ca. 200 m bis 950 m.
Gesamtverbreitung: Europa, meidet aber den extremen Norden und Süden. Ostwärts fast bis zum Ural, Vorposten in Kleinasien und im Kaukasus.
Hybriden
An gemeinsamen Fundorten beider Waldhyazinthen kann die Hybride, Platanthera × hybrida, vorkommen. In der Rhön wurde sie bislang nur sehr selten nachgewiesen; sie ist mitunter auch schwer zu erkennen, wenn die Stellung der Antherenfächer nicht intermediär ist.
Die von Kümpel aus der Meininger Gegend beschriebene Hybride mit dem Blassen Knabenkraut, »× Orchiplatanthera andreasii«, gilt als äußerst fragwürdig und ist genetisch wohl unmöglich. Vermutlich handelte es sich bei den teils über mehrere Jahre beobachteten Pflanzen um untypische Blasse Knabenkräuter.
Mehr zu dieser Art
» flickr.com | Platanthera chlorantha – alle Fotos von M. Klüber
» de.wikipedia.org | Grünliche Waldhyazinthe
» AHO-Bayern e.V. | Platanthera chlorantha
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