Viele heimische Orchideen sind eher unscheinbar und werden von Unkundigen leicht übersehen. Auf das Purpur-Knabenkraut trifft dies nicht zu: Diese prächtige und attraktive Pflanze gehört zu den größten und auffälligsten unserer Orchideen; sie wird bis zu 90 cm hoch.
Mit ihrer Schönheit geht sie jedoch nicht hausieren. Lieber steht sie an ihren Standorten etwas versteckt und geschützt zwischen Buschwerk.
Das Purpur-Knabenkraut
Das Purpur-Knabenkraut weist morphologische Ähnlichkeiten zum nah verwandten Helm-Knabenkraut auf, doch seine Blüten sind trotz ihrer variablen Gestalt und Färbung gut von denen jener Art zu unterscheiden. Der dunkle, purpurviolett bis dunkelbraune Blütenhelm steht im Kontrast zu der flächigen, breiten, hellen Lippe. Diese ist in der Grundfarbe reinweiß, zartrosa oder auch violett und mit dunklen Papillen besetzt. Die selten auftretenden weißblütigen Farbvarianten, var. albiflora, haben durch das Chlorophyll noch gelblich-grüne Farbanteile.
Im Gegensatz zum eurasiatisch-kontinental verbreiteten Helm-Knabenkraut konzentrieren sich die Vorkommen des Purpur-Knabenkrautes eher auf Süd- und Mitteleuropa. In Deutschland sind beide Arten fast deckungsgleich verbreitet, jedoch mit umgekehrten Häufigkeitsverteilungen: während das Helm-Knabenkraut im Süden häufiger ist, erreicht das Purpur-Knabenkraut seine Hauptverbreitung an der Mittelgebirgsschwelle. Außerdem ist es eher wärmegebunden und bevorzugt tiefere Lagen. Diese Verhältnisse bilden sich auch in der Rhön ab: Die größten Häufigkeiten werden in der nordöstlichen Vorderrhön, im Nüsttal, in der Meininger Gegend und im Bergwinkel erreicht. In den trockeneren südlichen und südöstlichen Rhöngebieten ist das Purpur-Knabenkraut dagegen seltener. Auffallend ist eine Verbreitungslücke in den Kalkgebieten östlich der Hohen Rhön.
Purpur-Knabenkraut am Südrand der Rhön, 01.05.2018
Nur ausnahmsweise dringt es in der Rhön in Höhenlagen über 500 m vor . Das Purpur-Knabenkraut kommt gern in Kalk-Buchenwäldern milder Lagen vor. Hier teilt es seine Standorte oft mit dem Bleichen und Roten Waldvögelein, der Nestwurz und der Grünlichen Waldhyazinthe, stellenweise sogar mit der Korallenwurz. Auch wenn dies bei uns der »natürlichste« Standorttyp ist: sein ökologisches Optimum erreicht es auf gebüschreichen Halbtrockenrasen und an sonnigen, warmen Waldrändern in geschützter Lage. In solchen Habitaten dankt die Orchidee gute Biotoppflege mit deutlichen Bestandszuwächsen und kräftigen Pflanzen, während es in den Wäldern eher vereinzelt und schmächtig wächst.
Nomenklatur
Wissenschaftlicher Name:
Orchis purpurea Huds. 1762
Deutsche Namen:
Purpur-Knabenkraut, Purpurorchis
Kurzbeschreibung
Stattliche, schlank wachsende Pflanze, Wuchshöhe 20-90 cm. Runde Knolle, jährlich eine Tochterknolle bildend, zur Blütezeit daher mit zwei Knollen. Etwa 4 bis 9 große, glänzend frischgrüne, ovale bis breit lanzettliche Blätter, untere rosettig genähert, obere stängelumfassend. Blütenstand dicht, bis 90-blütig. Tragblatt etwa so lang wie der Fruchtknoten. Blütengröße 17-25 mm. Sepalen und Petalen bilden einen schwärzlichpurpurvioletten Helm. Lippe tief dreilappig, Form sehr variabel, weißlich (besonders zur Mitte hin), mit dunkelroten Papillenbüscheln besetzt. Seitenlappen schmal, Mittellappen großflächig und nochmals gespalten mit kleinem Zähnchen zwischen beiden Enden. Sporn abwärts gerichtet, nektarlos. Bestäubung durch Bienen, insbesondere Hummeln.
Blütezeit in der Rhön und in Mainfranken: (Ende April-) Mai.
Weiß blühendes Purpur-Knabenkraut im Nüsttal, 16.05.2016
Vorkommen und Standort
In der Rhön vor allem in mittleren Lagen, gehäuft in der Kuppen- und Vorderrhön.
Standorte: Lichte Laub- und Mischwälder, grasige Waldlichtungen, Halbtrockenrasen, Säume, bevorzugt in halbschattigen Bereichen. Auf frischen bis mäßig trockenen, kalkreichen Böden in klimatisch günstiger Lage.
Höhenverbreitung in der Rhön: ca. 200 m bis 600 m.
Gesamtverbreitung: Europa und Mediterranëis bis Kaukasus, nordwärts bis Dänemark.
Hybriden
Die Hybride mit dem Helm-Knabenkraut, Orchis × hybrida, kommt am südlichen, südwestlichen und östlichen Gebietsrand vor. Hier tritt sie zwar selten, jedoch konstant und lokal zahlreich auf. Durch Rückkreuzungen mit den fertilen Hybridpflanzen sind in solchen Bastardschwärmen alle Übergänge zu finden. Trotz gemeinsamer Vorkommen sind mögliche Hybriden mit dem Ohnsporn in der Rhön noch nicht gefunden worden.
Mehr zu dieser Art
» flickr.com | Orchis purpurea – alle Fotos von M. Klüber
» de.wikipedia.org | Purpur-Knabenkraut
» AHO-Bayern e.V. | Orchis purpurea
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