Pyramiden-Orchidee Anacamptis pyramidalis Orchideen in der Rhön und Mainfranken

An einem Berghang in der Kuppenrhön, südseitig vor dem Waldrand, liegt eine unscheinbare Magerwiese. Aus der Ferne ist ihr nichts Besonderes anzusehen, und doch blüht im Juni, zur Zeit der Sommersonnenwende, gerade hier eine Pyramiden-Orchidee.

Ihren anfänglich spitzen Blütenstand hat sie auf einem schlanken Stängel hinauf in die oberste Etage der Wiese geschoben.

Die Pyramiden-Orchidee

Ein besonderer, einmaliger Farbton ist ihr eigen: es ist ein lebhaftes und fröhliches Purpur-Violett, das sich fotografisch und drucktechnisch kaum wiedergeben lässt. Unübersehbar leuchtet der einsame Blütenlampion in der Wiese. Das singuläre Auftreten dieser Orchidee ist in unserer Gegend geradezu typisch. Unvermittelt tritt sie auf, bereichert eine Zeitlang ihren Wuchsort, um nach einigen Jahren wieder zu verschwinden, ohne sich vermehrt zu haben (obwohl der Fruchtansatz meist sehr gut ist). Nur an wenigen Stellen am südlichen Rand des Gebietes konnte sie bislang stabile oder gar größere Bestände ausbilden.

Schon seit Beginn der floristischen Aufzeichnungen war die Pyramiden-Orchidee in der Rhön selten; einige alte Fundangaben blieben unbestätigt und wurden daher von einigen Autoren als zweifelhaft angesehen. Doch wenn die Art bis heute singulär auftritt und wieder verschwindet – warum sollte das nicht auch früher schon so gewesen sein? Erst in den vergangenen Jahren wurde eine deutliche Zunahme an Funden registriert, sicherlich begünstigt durch die Klimaentwicklung der letzten Jahre. Die aktuellen Fundorte liegen weit über das Gebiet verstreut im Tal der Fränkischen Saale, im Bergwinkel, im Werratal, in der thüringischen Rhön und in der Fuldaer Kuppenrhön, wo jüngst auch Neu- und Wiederfunde gelangen.


Pyramiden-Orchidee in Mainfranken, 09.06.2016

Aufgrund ihres noch immer recht unbeständigen Vorkommens ist sie in der Rhön insgesamt gefährdet. Die Wuchsorte sind von Brache und Verbuschung bedroht, außerdem werden die Knospen gern vom Wild abgefressen, so dass natürlich auch die Aussamung unterbleibt. Die Blüten der Pyramiden-Orchidee sind un­verwechselbar aufgrund der beiden kleinen dreieckigen Leisten neben dem Sporneingang. Als Nektartäuschblume hat sie keinen Nektar im Sporn. Bestäubt wird sie überwiegend von Tagfaltern, beispielsweise vom Rostfarbigen Dickkopffalter, Ochlodes sylvanus. Dass die Orchidee sehr gut besucht wird, zeigt der hohe Fruchtansatz an. Er liegt bei über 80%, ein sehr hoher Wert für allogame Arten. Aus ganz Europa wurden sowohl sehr dunkle als auch sehr helle und rein weiße Populationen beschrieben, manche davon sind von taxonomischer Bedeutung.

Im Mittelmeerraum überwiegen die hell gefärbten Formen. In unserer Gegend stellt sich die Pyramiden-Orchidee jedoch farblich sehr einheitlich dar, Varietäten wurden bislang nicht bekannt. Hybriden, welche mit den anderen Anacamptis-Arten nachgewiesen wurden, sind in der Rhön mangels gemeinsamer Vorkommen nicht zu erwarten, zumal zwei von vier Arten ausgestorben sind.

Nomenklatur

Wissenschaftlicher Name:
Anacamptis pyramidalis (L.) Rich. 1817

Gebräuchliche Synonyme:
Orchis pyramidalis L. 1753

Deutsche Namen:
Pyramiden-Orchidee, Pyramidenorchis, Spitzorchis, Hundswurz, Kammstendel

Kurzbeschreibung

Sehr schlanke Pflanze, Wuchshöhe 20-60 cm. Runde Knolle, jährlich eine Tochterknolle bildend, zur Blütezeit daher mit zwei Knollen. 5 bis 12 nach oben kleiner werdende Laubblätter, die unteren als Rosette und die oberen am Stängel angeordnet. Dichte, leuchtend karminrote Blütenähre, 15- bis 60-blütig, zunächst kegelförmig, später eiförmig. Blütengröße 8-12 mm. Seitliche Sepalen weit abstehend, mittleres mit den Petalen ein lockeres Helmchen bildend. Lippe dreilappig, breiter als lang und mit zwei Längsleisten vor dem Sporneingang. Langer, fadenförmiger, nektarloser Sporn. Bestäubung durch Tagfalter.
Blütezeit in der Rhön und in Mainfranken: Ende Mai – Ende Juni.


Pyramiden-Orchidee in Mainfranken, 18.05.2014

Vorkommen und Standort

In der Rhön selten und lokal unbeständig, nur wenige konstante Vorkommen.
Standorte: Sonnige Berghänge, Magerwiesen, Säume, seltener lichte Wälder.
Stets auf Kalkböden, wärmeliebend, verträgt nur mäßige Trockenheit.
Höhenverbreitung in der Rhön: ca. 200 m bis 550 m.
Gesamtverbreitung: Europa, vor allem im Mittelmeerraum, nordwärts bis nach Schottland und ins Baltikum. Östlich bis Kleinasien.

Mehr zu dieser Art

» flickr.com | Anacamptis pyramidalis – alle Fotos von M. Klüber
» de.wikipedia.org | Pyramiden-Hundswurz
» AHO-Bayern e.V. | Anacamptis pyramidalis

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