Große Spinnen-Ragwurz Ophrys sphegodes Orchideen in der Rhön und Mainfranken

Die Spinnen-Ragwurze der Rhön haben ihre eigene, merkwürdige Geschichte. Die alten Botaniker unterschieden nicht zwischen sphegodes und araneola. Von Ophrys sphegodes im weiten Sinne sind historisch nur wenige Funde aus dem Bergwinkel überliefert; auch in der Gegend von Bad Kissingen wird sie seit ca. 1930 genannt.

Doch die Angaben aus dem Bergwinkel konnten für längere Zeit nicht bestätigt werden, und die Kissinger Population wurde später als Ophrys araneola identifiziert. So galt die Große Spinnen-Ragwurz seit Jahrzehnten als verschollen beziehungsweise als nicht zweifelsfrei nachgewiesen, da die Zugehörigkeit der alten Angaben mangels Herbarbelegen nicht mehr geklärt werden konnte.

Die Kleine Spinnen-Ragwurz

Dem fragwürdigen »Experimentiergeist« von Orchideenfreunden ist die Einbürgerung dieser Art im Gebiet zu verdanken. In der Nähe von Meiningen wurden Pflanzen aus der Gegend von Jena eingebracht. Da sich die Pflanzen an diesem Standort offensichtlich wohl fühlen, hat sich die Population inzwischen etabliert und stabilisiert. Allerdings hat sie durch allerlei Einkreuzungen, auch unter Beteiligung mediterraner Ragwurz-Pflanzen, eine gewisse Eigendynamik entwickelt, so dass dort kaum noch richtig typische Große Spinnen-Ragwurze wachsen. In Hessen und Unterfranken galt Ophrys sphegodes s.str. als ausgestorben. Zwischen den altbekannten Verbreitungsgebieten im Taubergebiet und im Thüringer Becken klaffte also eine Lücke.


Große Spinnen-Ragwurz in Mainfranken, 08.05.2013

Doch seit 1997 glückten in Mainfranken zunächst einige wenige und dann in rascher Folge immer mehr Nachweise der Großen Spinnen-Ragwurz, die einher gingen mit beträchtlichen Bestandszunahmen. Stellenweise führt dies gar dazu, dass die am gleichen Standort vorkommende Ophrys araneola verdrängt wird. Sicherlich hat sich hier die Klimaentwicklung der jüngsten Zeit als sehr förderlich erwiesen. Einige autochthone Funde glückten auch im Gebiet der Rhön. Erfreulich ist der erste sichere Nachweis Hessens seit langer Zeit im Bergwinkel. Auch im Werntal und an der Fränksichen Saale ist die Art inzwischen fest eingebürgert. Dagegen sind weitere Populationen im Gebiet der Rhön nachweislich auf Ansalbungen zurückzuführen, bei anderen liegt zumindest der Verdacht nahe. Insgesamt ist die Art im Gebiet derzeit noch selten, aber nicht mehr unmittelbar bedroht.

Nomenklatur

Wissenschaftlicher Name:
Ophrys sphegodes Mill. 1768

Deutsche Namen:
Große Spinnen-Ragwurz

Kurzbeschreibung

Wuchshöhe 15-45 cm. Runde Knolle, jährlich eine Tochterknolle bildend, zur Blütezeit daher mit zwei Knollen. Pflanze mit 3 bis 6 kräftigen, blau­grünen, breit-lanzettlichen Rosettenblättern sowie mehreren scheidigen Stängelblättern. Blütenstand locker, 2- bis 8-blütig. Blütengröße 15-23 mm. Sepalen länglich-eiförmig, hellgrün. Petalen gelbgrün bis braunrot, mindestens halb so lang wie die Sepalen, fast rechteckig, oft mit welligem Rand. Lippe tief dunkelbraun, meist breiter als lang, ansatzweise dreilappig mit mehr oder weniger stark gehöckerten und behaarten Seitenpartien. Anhängsel meist fehlend, Lippenrand manchmal etwas gelblich, aber nicht so ausgeprägt wie bei Ophrys araneola. Basalfeld dunkelrot bis dunkelbraun, Mal H-förmig, graublau bis violettblau. Säulchen kurz zugespitzt. Bestäubung durch die Biene Andrena nigroaenea.
Blütezeit in der Rhön und in Mainfranken: Mitte April bis Mitte Mai.

Vorkommen und Standort

In der Rhön sehr selten, nur in Tallagen.
Standorte: Halbtrockenrasen, buschige Hänge und Säume lichter Kiefernwälder. Ausschließlich auf Kalkböden, gern auf wechselfeuchten Böden, sehr frostempfindlich und wärmeliebend.
Höhenverbreitung in der Rhön: ca. 250 m bis 400 m.
Gesamtverbreitung: Mediterranëis, von der iberischen Halbinsel bis zum Balkan. Nordwärts bis Südengland und Mitteldeutschland.

Mehr zu dieser Art

» flickr.com | Ophrys sphegodes – alle Fotos von M. Klüber
» de.wikipedia.org | Große Spinnen-Ragwurz
» AHO-Bayern e.V. | Ophrys sphegodes

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