Piemont

Piemont – bereits der Name sagt einiges über den Charakter der Landschaft aus. Lateinisch: »ad pedes montium«, italienisch: »al piè dei monti«, deutsch: am Fuß der Berge. Damit ist der Bogen der Westalpen gemeint, der das Land vom Monte Rosa bis zum Monviso umschließt und vor ungemütlichem atlantisch-nordeuropäischem Wetter schützt. Inmitten des weiten Landes breiten sich sanfte Hügellandschaften aus, durchzogen vom Tal des Po. Zwischen Industriestädten und Weingegenden liegen mittelalterliche Städte und bemerkenswerte romanische Kirchen.

Nach der Völkerwanderung und den verheerenden Sarazeneneinfällen des Frühmittelalters war das Piemont um die erste Jahrtausendwende herum ein wüstes, fast menschenleeres Land. Die eigenständige Geschichte der strategisch wichtigen Region begann mit der Übernahme des Landes durch die Savoyer im 11. Jahrhundert, und fortan stritten die Anrainerstaaten um die Vorherrschaft in der strategisch wichtigen Region. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Sperrburgen und Festungsanlagen in den großen Alpentälern. Auf einem Alpenausläufer oberhalb des Valle di Susa steht die berühmteste davon, die Klosterfestung Sacra di San Michele. Die Benediktinerabtei wurde im Jahr 983 gegründet. Die Wahl des exponierten Ortes und des Patrons Michael, der im Kampf über Luzifer siegte, hat eine große Symbolkraft für die Bedeutung der Abtei. Im Jahr 1622 wurde das Kloster aufgehoben und verfiel, erst im 19. Jahrhundert wurden die Bauten wiederhergestellt.


Sacra di San Michele

Am Alpenrand südlich von Saluzzo gründeten Zisterziensermönche im Jahr 1135 die Abtei Staffarda, die schnell zum einem kulturellen und auch wirtschaftlichen Zentrum der Region heranwuchs. Im späten Mittelalter verlor die Abtei (wie auch der Zisterzienserorden insgesamt) an Einfluß und Bedeutung, bis das Kloster schließlich im Jahr 1750 an die Mauritianer übergeben wurde. Die Architektur im romanisch-gotischen Übergangsstil ist ganz von den zisterziensischen Idealen geprägt, wirkt jedoch durch den Materialwechsel im Mauerwerk und die harmonischen Proportionen sehr prachtvoll.


Zisterzienserabtei Staffarda


Abteikirche Staffarda

Südlich von Turin liegt das Hügelland des Monferrato. Auf den Hügeln zeichnen sich die Silhouetten der Dörfer ab. Erstaunlich: die gesamte Infrastruktur ist oben auf den Höhenzügen, unten im Tal wächst nur Gestrüpp. Nahe des Dorfes Albugnano verbirgt sich in einem kleinen Seitentälchen eines der schönsten romanischen Bauwerke im Piemont: die Abteikirche von Vezzolano. Das Augustinerkloster soll 773 von keinem geringeren als Karl dem Großen gegründet worden sein. Die Kirche aus dem 11. / 12. Jahrhundert besticht durch ihre ruhige, harmonische Fassade. Ein feingliedrig ornamentiertes Portal öffnet den Blick ins Hauptschiff, das durch einen Lettner zweigeteilt ist in Volks- und Mönchskirche. Im Kreuzgang ist ein farbenfroher Freskenzyklus aus der Frührenaissance zu sehen.


Abteikirche Vezzolano

Weiter südöstlich in Richtung Asti, nahe beim Ort Cortazzone, steht die Kirche San Secondo auf einem Monferrato-Hügel. Das Dorf wurde im Mittelalter vom Kirchplatz auf den Nachbarhügel verlegt, die Pfarrkirche verblieb aber an Ort und Stelle. Die kleine romanische Basilika mit Dreiapsidenchor wurde im 11. / 12. Jahrhundert errichtet und zeichnet sich durch eine sehr eigenwillige romanische Bauornamentik aus. Am Obergaden und an den Kämpfern der Lisenen sind florale Ornamente, Tiere, Fabelwesen und überraschend freizügige erotische Szenen zu sehen. Was wohl diese Darstellungen bezwecken sollten?


Kirche San Secondo in Cortazzone


Bauornamentik am Obergaden der Kirche San Secondo in Cortazzone

Im Monferrato wachsen auch die berühmten weißen Trüffel. Das Städtchen Alba ist berühmt als Handelszentrum für die kostbare Ware aus der Erde. Piemont, das Land am Fuß der Berge, ist auch ein Schlaraffenland: die regionale Küche ist bodenständig und passt wunderbar zu den schweren, tanninreichen Weinen aus der Langhe. Tagsüber Romanik und abends ein Teller voller piemontesischer Köstlichkeiten – so lässt es sich leben!

Bilder aus dem Piemont auf flickr

Piemont (ohne Turin)

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